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Praxisseminar Pflanzenseele

Das Praxisseminar Pflanzenseele wurde an der TU Berlin im Wintersemester 91/92 als Unterprojekt der "Geschichtlichkeit der Physik" ins Leben gerufen und bestand in einem inoffiziellen Rahmen bis zum Frühjahr 1996 weiter.
Angeregt durch das populärwissenschaftliche Buch "Das geheime Leben der Pflanzen" von Tompkins/Byrd [1] und den darin beschriebenen Versuchen des Lügendetektorexperten Cleve Backster mit elektrischen Widerstandsmessungen an Pflanzen, sahen wir eine Möglichkeit, mit Mitteln der klassischen Naturwissenschaften Grenzbereiche der Wissenschaft näher zu erforschen.
Backster entdeckte im Jahre 1966 eine vermutlich neue Art der Informationsübertragung zwischen Lebewesen. Er stellte mit Hilfe eines Lügendetektors, dessen Elektroden an eine Pflanze angeschlossen waren, fest, daß Pflanzen anscheinend auf menschliche Gedanken reagieren.

C. Backsters beruehmte Messkurve Abbildung 1: Meßkurve von C. Backster, die zeigen soll, wie seine Pflanze auf Gedanken reagiert, aus [2]

Dieses und weitere in Tompkins/Byrds Buch beschriebene Phänomene machten uns neugierig, zumal diese Effekte in der Literatur kontrovers diskutiert werden. Ziel des Seminars sollte es sein, der Natur dieser Phänomene auf die Spur zu kommen, indem eine eigene Meßapparatur entwickelt wird und eigene Versuche durchgeführt werden. Wir unternahmen zuerst eine umfangreiche Sichtung der vorhandenen Literatur zum Thema. Dabei fielen uns die oft wissenschaftlich mangelhafte Versuchsdurchführung und Beschreibung auf.
Anfangs basierten unsere eigenen Meßmethoden auf Backsters Widerstandsmessungen. Wir mußten aber feststellen, daß aufgrund der relativ hohen Ströme, die dabei durch die Pflanze fließen, Pflanzenzellen zerstört wurden und ganze Blätter abstarben. Außerdem war die Qualität des Signales schlecht. Bereits hier zeigte sich, daß die Konstruktion einer geeigneten Meßapparatur zum Hauptproblem werden würde. Denn einerseits muß ein sehr kleines Signal sichtbar gemacht werden, andererseits muß aber auch sichergestellt werden, daß das Signal auch tatsächlich von der Pflanze stammt. Wir wollten ja keine Artefakte (wie eingekoppelte Radiowellen) messen. Der letztere Aspekt der Meßartefakte wird bei den vielen in der Literatur angegebenen Meßverfahren unterschätzt bzw. gar nicht beachtet.
Bei unseren folgenden Messungen konzentrierten wir uns auf die relativ rückwirkungsfreie Potentialmessung. Dafür konstruierten wir uns empfindliche Wechselspannungs- Verstärker, die die sehr geringen Spannungen im Pflanzengewebe soweit verstärken, daß die Signale auf einem Y-t-Schreiber sichtbar gemacht werden können. Wegen der etliche Meter langen Schreiberausdrucke erwies sich dieses Verfahren als unpraktikabel. Die Auswertung der Signalkurven war in angemessener Zeit nicht durchzuführen, von Frequenzanalysen einmal ganz abgesehen. Auch fehlte uns die Möglichkeit, Parallelmesungen durchzuführen, um etwaige Störungen, die nicht von den Pflanzen stammen, zu registrieren. Schließlich verfügte unser Y-t-Schreiber nur über einen Kanal.
Wir organisierten uns einen schon etwas veralteten Apple-IIe-Computer, welcher mit einer passenden Analog-Digital-Wandler-Karte mit 16 Eingangskanälen ausgerüstet war. Leider reichte die verfügbare Speicherkapazität des Computers nicht für längere Messungen aus. So wechselten wir um auf einen üblichen PC, an welchen die auf den Apple zugeschnittene Meßwerterfassungskarte mit Hilfe einer selbst entwickelten elektronischen Schaltung noch angepasst werden mußte. Zusätzlich programmierten wir im Laufe der Zeit eine komfortable Meßwerterfassungs- und Datenanalyse-Software mit grafischer Oberfläche.

SPR Startansicht Abbildung 2: Oberfläche des Meß- und Analyse-programms (DOS)

Mit Hilfe dieser Software war es uns nach langer Entwicklungszeit endlich möglich, mehrkanalige Langzeitmessungen über mehrere Tage durchzuführen.So sammelten sich im Laufe eines Jahres über 500 Megabyte an auszuwertenden Daten an. Mittels der in unserer Software integrierten Analysemethoden können z.B. Frequenzspektren, Korrelationen innerhalb der Signale und weitere Auswerteverfahren angewandt werden.

Beispiel einer Spektralanalyse Abbildung 3: Beispiel einer Spektralanalyse (Farbe=log(Amplitude)). Deutlich ist das Netzbrummen als Ergebnis der Unterabtastung im 10Hz-Bereich zu erkennen.

Um abschätzen zu können, was sich bei einer Beeinflussung der Pflanzen verändert, erfolgten zunächst Referenzmessungen. Die Messungen liefen automatisch über jeweils 2 Tage in einem verschlossenen Raum ohne Anwesenheit von Personen ab. Bei der Betrachtung dieser Daten fallen spezifische, periodisch auftretende Peaks auf, deren Regelmäßigkeit und Form an EKG- bzw. EEG-Messungen erinnern. Die entstehenden Muster variieren allerdings von Messung zu Messung mehr oder weniger stark. Ebenfalls unerwartet zeigten die Pflanzen nachts am meisten Aktivitäten.
Als nächstes führten wir Messungen durch, bei dehnen den Pflanzen Musik vorgespielt wurde oder das Radio lief. Hier scheint es eine Art Beruhigungseffekt (allgemeine geringere Aktivität.) zu geben. Die Auswertung dieser Daten ist aber noch unvollständig und der Effekt bedarf noch weiterer Absicherung.

Demnächst werden hier einige Skizzen und Meßkurven der TU-Messungen vorgestellt.

R. Jehring führte parallel zu den Messungen im Rahmen der Projektwerkstatt private Testmessungen durch. Die Signale wurden mittels eines y-t-Schreibers (teilweise über viele Stunden) aufgezeichnet. Gemessen wurde an einem Weihnachtskaktus, einer Efeutute u.a. Pflanzen. In den folgenden Abbildungen werden einige dieser Messungen dokumentiert.

Abbildung 4: Skizze einer Messung an dem von mir recht malträtierten aber sehr ergiebigen Efeututen-Ableger.

 

Abbildung 5: Meßaufbau-Skizze einer 2fach-Potentialmessung an einer xxxx-Pflanze. Die Ausgabe der Daten erfolgte auf einem y-t-Schreiber.

 

Abbildung 6: Skizze einer Messung an einem Weihnachtskaktus. Die Elektroden waren direkt am "Stiel" angebracht. Dass Kakteen recht aktive Lebewesen sind, ist in Abbildung 8 (obere Kurve) zu sehen.

 

Abbildung 7: Skizze einer Potentialmessung am Stengel einer Efeutute. Die Messung lief 3:20 Stunden, die Raumtemperatur in der Nähe der Pflanze betrug 19°C. Die Pflanze war mittels eines Faradayschen Käfigs abgeschirmt. Das Ergebnis der Messung ist als mittlere Kurve in der nachfolgenden Abbildung aufgetragen.

 

Abbildung 8: Signalverlauf zweier interessanter Messungen (obere und mittlere Kurve). Wegen Papiermangels wurden mehrere nicht zeitgleich laufende Versuche auf eine Rolle Schreiberpapier aufgetragen.

 

Skizze einer Efeututen-Messung und die dazugehörigen Messkurven-Verläufe (untere Abbildung).

Exzellente Impulsfolgen, die sich über längere Zeit kaum veränderten.

Literatur (noch unvollständig)

  1. Tompkins, Bird, Das geheime Leben der Pflanzen (...)
  2. Backster, Cleve, "Evidence of a Primary Perception in Plant Life", International Journal of Parapsychology, Bd. 10, Nr. 4, Winter 1968, S. 329-348
    Conclusions: The significance of the experiment results provides evidence of the existence of a yet undefined primary perception in plant life, indicates that animal life termination can serve as a remotely located stimulus to demonstrate this capability, and illustrates that this facility in plants can be independent of human involvement (PDF, 2 MB).
  3. Grad, Bernhard, "A Telekinetic Effect on Plant Growth", International Journal of Parapsychology, Bd. 5, Nr. 2, 1963, S. 117-133
    Zusammenfassung: Hier wird ein Experiment geschildert, aus dem sich ergab, daß jemand 350 ml einer 1 prozentigen NaCl-Lösung dadurch verändern konnte, daß er sie 15 min lang in den Händen hielt. [...] Die Entwicklung der bei diesen Versuchen angewendeten Methode sowie diese Methode selbst wird in allen Einzelheiten geschildert. (PDF, 4,2 MB)
  4. Karlsson, L., "Instrumentation for Measuring Biolectrical Signals in Plants", The Review of Scientific Instruments, Vol. 43, Nr. 3, March 1972, S. 458-463 (PDF, 1,4 MB)
  5. Karlsson, L., "Nonrandom Biolectrical Signals in Plant Tissue", Plant Physiology, Vol. 49, 1972, S. 982-986
    Abstract: The results of investigations on nonevoked bioelectrical activity in the India-rubber tree (Ficus elastica) are presented. Metal electrodes inserted into the plant issue were used as the ionic-to-electronic conduction converting elements. Nonevoked pulse bursts were observed with amplitudes in the 10 to 200 microvolts range. An upper limit value of the cell refractory period has been estimated from the maximum pulse frequency observed.(PDF, 1 MB)
  6. "Elektrische Aktivität bei höheren Pflanzen", Kurzberichte aus der Wissenschaft, Naturwissenschaftliche Rundschau, Heft 11, 1972, S. 445
  7. Lawrence, L. George, "Electronics and the Living Plant", Electronics World, October 1969, S. 25-28
    Can plants be used with electronic equipment for some future exotic sensing and control system? Some investigators, performing unusual experiments, believe they can be.
  8. Scott, Bruce I. H., "Electricity in Plants", Scientific American, Oct. 1962, S. 107-115
    [...] Observation and speculation so far have not answered the question of whether or not the electric fields set up by a growing plant influence its development. [...] (PDF, 4 MB)
  9. Horowitz, Lewis, Gasteiger, "Plant 'Primary Perception': Electrophysical Unresponsiveness to Brine Shrimp Killing", Science, Vol. 189, Aug. 1975, S. 478-480
    [...] We obtained no evidence of primary perception in plants.[...] (PDF, 1 MB)
  10. Alcock, James E., "Parapsychology: Science or Magic?", Pergamon Press 1981, S. 123
  11. Bose, Jagadis Chunder, "Researches on Growth of Plants I", Nature, Vol. 105, Nr. 2646, Jul. 15, 1920, S. 615-617
  12. Bose, Jagadis Chunder, "Researches on Growth of Plants II", Nature, Vol. 105, Nr. 2647, Jul. 22, 1920, S. 648-651
  13. Dixon, Henry H., "The Nerves of Plants", Nature, Vol. 112, Nr. 2822, Dec. 1, 1923, S. 799-800 (PDF, 0,8 MB)
  14. Eysenk, Hans J., Sargent, Carl, "Explaining the Unexplained", Weidenfeld and Nicolson, London, 1982, S. 62-63 und S. 112-113 (PDF, 1 MB)
  15. Koelsch, Adolf, "Die Berührungsempfindlichkeit der Pflanze", Kosmos, 1925, S. 423-427 (PDF, 2 MB)
  16. "Beeinflußt der Mond das Pflanzenwachstum?", Aus allen Gebieten, Kosmos, 1936, S. 107
  17. Hug, Miltenburger, Esch, "Elektrophysiologische Begleiterscheinungen strahleninduzierter Bewegungen bei Mimosen", Biophysik 1, 1964, S. 374-379
  18. "Impedanzänderungsdetektor", Elektor, Mai 1977, S. 28-30  (PDF, 1 MB)
  19. Schwan, Herman P., "Electric Characteristics of Tissues", Biophysik 1, 1963, S. 198-208
  20. Bernhardt, J., "Properties of a Three-Terminal Bridge for Dielectric Measurements of Biological Materials with a Well Defined Sample Field from 20 Hz to 500 kHz", Biophysik 8, 1972, S. 151-157
  21. Kerner, I. und D., "Der Ruf der Rose", 1992
  22. bel, "EEG eines Kohls", Die Zeit (kurzer Artikel am Seitenende), Jahrgang ???, Ausgabe ???, Seite ???

Von allen Artikeln sind Fotokopien erhältlich (Anfragen: R. Jehring).

Hannes Rosenhagen (WWW) , Florian Ladwig, Roland Jehring

Noch nicht vollständig bebildert und gelinkt. Letzte Bearbeitung: 12.12.2005